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NEUE WESTFÄLISCHE (Bielefeld, 29.11.2002, Anne Tophinke)

 

Wanderskizzen vom Jakobsweg

Gisela Wäschle beim BBK: Ansichten einer 800 Kilometer langen Pilgereise

Es heißt, man ist ein anderer, wenn man diesen Weg gegangen ist. Irgendwo auf den 8oo Kilometern zwischen dem französischen St. Jean Pied de Port und der spanischen Stadt Santiago de Compostela heftet sich etwas an die Wanderschuhe, was man nie wieder hergeben will.Wer es genau wissen will, muss sich selbst auf die Reise machen. Oder mit den Augen von Gisela Wäschle sehen, die sich wie tausende Pilger vor ihr aufmachte, um das Geheimnis des Jakobsweges zu ergründen.

Einen Rucksack, Zeichenstift, Notizpapier. Mehr brauchte die ehemalige Lehrerin aus Spenge nicht, um ihr außergewöhnliches Kunstprojekt in die Tat umzusetzen: in gut 5 Wochen legte sie zwischen 18 und 30 Kilometer pro Tag zurück, an jedem Tag zeichnete sie achtmal den Horizont, der vor ihr lag. Am Ende der Wanderung hatte sie 55 Blätter mit über 200 Zeichnungen im Gepäck.

Die geschwungene Landschaft der Pyrenäen, der Weg, der sich wie ein Band gen Horizont schlängelt, ab und zu eine Baum, eine Kirche, eine Brücke. Jeden Strich, jede Zeichnung empfindet die Künstlerin als ein „Aufnehmen und Eintauchen in ein konkretes Stück Landschaft“, aber auch als weites Feld des künstlerischen Experimentierens: „Manchmal war es schwierig, die Weite einzufangen, jeder Strich erschien mir zu viel“, erinnert sich Wäschle. Dann wieder sehen die aus Platzmangel sorgsam gefalteten Blätter fast schwarz aus vor rasch und energisch hingekrakelten Eindrücken. Irgendwo dazwischen hat auch Gisela Wäschle „ihren Jakobsweg“ gefunden – und mit nach hause genommen, um andere daran teilhaben zu lassen.